Betroffene hören – Missbrauch verhindern

Betroffene hören – Missbrauch verhindern

Informationen des Bistums

Es tut sich was! Betroffene hören – Missbrauch verhindern
Starke Kinder – Starke Gemeinden


„Respektiert und sicher“. So fühlen sich laut einer Umfrage ein Großteil der Kinder und Jugendlichen im Bistum Limburg in ihren Gemeinden. Allerdings hat nur die Hälfte der Befragten auch den Eindruck, kirchliche Aktionen für ihre Altersgruppe mitbestimmen und mitgestalten zu können. Dies sind zwei Ergebnisse einer Befragung mit dem Titel: „Gemeindearbeit aus Kinderperspektive bewerten“, die allen Pfarreien, Kindertageseinrichtungen (Kitas), Jugendverbänden sowie Fachstellen für Kinder, Jugend und Familien in der Diözese mit der Bitte um Teilnahme zugeleitet wurden. Die Umfrage in Form eines Fragebogens ist Bestandteil der Leitlinien „Starke Kinder – Starke Gemeinden“ aus dem MHG-Projekt „Betroffene hören - Missbrauch verhindern“. Ziel der Leitlinien ist es, Kinder und Jugendliche vor sexualisierter Gewalt in kirchlichen Institutionen zu schützen und die Kirche zu einem kinder- und jugendgerechten Ort weiterzuentwickeln.
Wie muss Kirche sein, damit Kinderrechte gelebt werden können?


„Mit dem Fragebogen wollten wir herausfinden, was Kinder und Jugendliche brauchen, um sich stark zu fühlen. Wie ihrer Meinung nach kirchliche Orte sein sollen, damit sie dort ihre Rechte leben können“, sagt Inge Rocco, Pastoralreferentin der Pfarrei St. Peter in Ketten in Montabaur und eine der Mitinitiatorinnen der Umfrage. Konzipiert wurde der Fragebogen von einem Team aus Pastoralen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, der Kita-Seelsorge, der Fachstelle Familienpastoral, des BDKJ, Gruppenleiterinnen und Gruppenleitern sowie Kita-Koordinatorinnen und -Koordinatoren. Beraten wurde das Team dabei vom Kinderschutzbund des Westerwaldkreises. Bistumsweit konnten sich Kinder und Jugendliche im Alter von fünf bis 18 Jahren von März bis Mai 2022 äußern, wie gut sie ihre Rechte in den Punkten Gleichheit, Bildung, Schutz vor Gewalt und Mitbestimmung innerhalb der Kirche gewahrt sehen.

Wunsch nach vielfältigen und altersgerechten Angeboten
Die Umfrage ergab, dass ein Großteil der Befragten sich in ihrer Gemeinde gemäß ihres Geschlechts, Alters und Aussehens respektiert fühlen (92,41 Prozent) und der Meinung sind, dass sich Menschen mit Beeinträchtigung in der Gemeinde willkommen fühlen und Anteil nehmen können (83,12 Prozent). Kinder und Jugendliche wünschen ein vielfältiges Angebot an altersgerechten Gottesdiensten, an Jugendverbänden und gemeindlicher Jugendarbeit. Mehr als drei Viertel der Befragten (82 Prozent) fühlen sich in der eigenen Pfarrei oder ihrem kirchlichen Ort sicher. Die Kinder und Jugendlichen sollten in Gemeinderundgänge einbezogen werden, um direkten Einfluss auf die Gestaltung von kirchlichen Räumen zu nehmen und benennen zu können, wo sie sich unsicher oder unwohl fühlen.
Bereits Kinder ab acht Jahren gaben an, neben dem Pfarrbüro und den Gottesdiensten über Telefon, Messenger-Dienste und Social Media in Kontakt mit Vertrauenspersonen zu stehen. Jugendliche und Kinder sind in digitalen Lebenswelten unterwegs, was verdeutlicht, dass eine Präsenz der Kirche auf den sozialen Medien wichtig ist. Auf die Frage, was sie als erstes ändern würden, antworten viele Teilnehmende, dass sie sich eine kinder- und bewegungsfreundliche Kirche wünschen. Mehr als die Hälfte der Befragten gibt an, dass es in der Pfarrei keine Jugendsprecherinnen oder Jugendsprecher ihres Alters gäbe. Dort, wo es gewählte Sprecherinnen und Sprecher gibt, sind diese häufig nicht bekannt. Nur ein Drittel der Kinder und Jugendlichen gibt an, zu wissen, welche Sprecherinnen und Sprecher vor Ort für ihre Anliegen zuständig sind.


„Eine kinder- und jugendgerechte pastorale Arbeit an den unterschiedlichen kirchlichen Verortungen basiert darauf, dass hauptberufliche und ehrenamtliche Mitarbeitende ein offenes Ohr und Herz für Kinder und Jugendliche haben“, erläutert Rocco die Ergebnisse der Umfrage. „Wir müssen die Kinder und Jugendlichen ernst nehmen und uns mit ihnen gemeinsam auf den Weg zur Realisierung der Kinderrechte machen“, so die Pastoralreferentin weiter.


Die Umfrage ist der Auftakt einer regelmäßigen Befragung von Kindern und Jugendlichen, um Gemeindearbeit aus deren Perspektive zu bewerten. Auf Basis der Ergebnisse des Fragebogens und der Erfahrungen in Kindertageseinrichtungen des Bistums wurden die Leitlinien für die Kinder- und Jugendarbeit in den Pfarreien erarbeitet. Daraus wurde ein Fortbildungskonzept für pastorale Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Ehrenamtliche entwickelt. Leitlinien und Fortbildungskonzept werden kontinuierlich nach den regelmäßigen Befragungen von Kindern und Jugendlichen weiterentwickelt und überprüft.
Passend zu diesem Artikel findet am Dienstag, 8. November 2022 um 19.00 Uhr die Online-Veranstaltung „Kinder stärken - Kinder schützen: Für die Rechte der Kleinsten im Bistum“ unter Beteiligung von Inge Rocco statt.

Veranstaltungen der digitale Veranstaltungsreihe zur Umsetzung der Empfehlungen aus dem MHG-Folgeprojekt „Betroffene hören – Missbrauch verhindern“ finden Sie hier: https://gegen-missbrauch.bistumlimburg.de/beitrag/es-tut-sich-was-in-sachen-aufarbeitung-1/

 

HINTERGRUND
Als Reaktion auf die 2018 veröffentlichte „MHG-Studie“ der Deutschen Bischofskonferenz entschied sich das Bistum Limburg im April 2019 zu dem Folgeprojekt „Betroffene hören – Missbrauch verhindern“. 70 Expertinnen und Experten hatten zur Aufgabe, die Missbrauchsfälle im Bistum Limburg aufzuarbeiten und Maßnahmen zu entwickeln, um zukünftig sexualisierte Gewalt gegenüber Kindern und Jugendlichen zu verhindern. Diese 64 Maßnahmen werden seit Januar 2021 sukzessive von etwa 160 Menschen aus allen Bereichen des Bistums umgesetzt.

In der achtteiligen Themenreihe „Es tut sich was“ wird über die Inhalte und Relevanz dieser Maßnahmen informiert und bisherige Ergebnisse vorgestellt.

Parallel dazu finden Online-Veranstaltungen mit wechselnden Gästen statt. Eine Anmeldung dazu ist über die Homepage https://gegen-missbrauch.bistumlimburg.de/thema/aufarbeitung/ möglich. Hier finden Sie auch weitere Informationen.

 

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Immer wieder lesen wir von Berichten anderer Bistümer und Länder über Missbrauch in der Kirche. Häufig ist damit verbunden das Gefühl, dass sich nichts oder zu wenig tut. Das entmutigt – und vor allem: es stimmt nicht.

Das Bistum Limburg arbeitet aktiv daran, Missbrauch zu verhindern. Dieser Prozess ist seit 2020 in eine neue Phase getreten. Damals hatten im Rahmen des Projekts „Betroffene hören – Missbrauch verhindern“ 70 bistumsinterne und -externe Expertinnen und Experten erarbeitet, was sich ändern muss, damit die Betroffenen im Mittelpunkt der Aufarbeitung stehen – und nicht die Institution. Bischof Bätzing und die damalige Präsidentin der Diözesanversammlung, Ingeborg Schillai, hatten bei der Übergabe der Projektergebnisse im Juni 2020 den Betroffenen zugesagt, alle 60 vorgeschlagenen Maßnahmen umzusetzen.

Seit Oktober 2020 arbeiten der „Bischöfliche Beauftragte für die Implementierung der MHG-Projektergebnisse“, Dr. Dr. Caspar Söling, und sein Team an der Umsetzung dieser Maßnahmen, gemeinsam mit einer Vielzahl von Expertinnen und Experten, die für einzelne Projekte hinzugezogen werden. Mittlerweile sind eine ganze Reihe von guten Ergebnissen erzielt worden, die den Umgang mit Missbrauchsfällen im Umfeld der Kirche grundsätzlich ändern werden.

Wir möchten Ihnen nun in einer kleinen Serie diejenigen Themen vorstellen, die speziell für die Pfarreien wichtig sind. Missbrauch an Kindern und Jugendlichen geschieht häufig in der Welt der Kitas und in der Jugendarbeit, in der Messdienerarbeit und in der Katechese. Dabei haben wir für die Maßnahmen den Blick geweitet: Sexualisierte Gewalt findet zwischen Erwachsenen und Kindern statt, aber auch unter Kindern und Jugendlichen. Dann häufig in Form von medialer Gewalt. Aber auch unter Erwachsenen und in Familien.

Wir zeigen auf, was auf der Ebene unserer Pfarrei getan werden kann: 1) Was ist zu beachten, wenn sich Betroffene melden? 2) Wie können wir Kinder stärken und noch besser schützen? 3) Eine veränderte Haltung zu Sexualität und Homosexualität. 4) Spirituelle Gewalten verhindern. 5) Pfarrer: Vom Einzelkämpfer zum Team 6) Ein verändertes Priesterbild 7) Einfache Beschwerdemöglichkeiten für alle Formen von Gewalt.

Parallel dazu wird es in unregelmäßiger Folge Online-Konferenzen zu den einzelnen Themenfeldern geben. Alle Interessierten können kostenlos an diesen Formaten teilnehmen. Der Bischöfliche Beauftragte und weitere am Prozess Beteiligte informieren dort über die verschiedenen Themen und stehen für Fragen zur Verfügung. Alle aktuellen Informationen zum Prozess „Betroffene hören – Missbrauch verhindern“ finden Sie auch im Internet: https://gegen-missbrauch.bistumlimburg.de/

Veränderungen sind notwendig. Sie geschehen, wenn wir gemeinsam daran arbeiten. Nur gemeinsam werden wir diese Krise bewältigen. Lassen Sie uns zusammen die notwendigen Veränderungen gestalten.